16.12.14

Was machst du eigentlich so den ganzen Tag? (Julie)

Ich kann nicht mehr zählen, WIE oft  mir diese Frage gestellt wird. Daher hab ich angefangen, das mal aufzuschreiben. Angefangen habe ich vor 6 Wochen...  inzwischen hat sich natürlich einiges getan, aber trotzdem ein kleiner Einblick in unseren Alltag:

Werde geweckt, weil mir mit kleinen Speckfingern ein Haar nach dem anderen ausgerissen wird. Jemand beisst mir in die Nase. Nachdem ich fast an Sabber ertrinke, der sich über mein Gesicht zieht, mache ich dann mal die Augen auf. Aaaawwww. LOVE. Danke Hormone. Beim Blick in diese Äuglein ist relativ viel vergessen. Außer dem Sabber. Bah, ey. 
So. Erstmal duschen. Alleine! Wann ist man schon mal wo alleine? So viel wie jetzt bis heute Abend sicher nicht. Und dann kann ich noch hinter mir die Tür zumachen! Herrlich. Ooookay, Baby klettert aufs Klo und hantiert auf einem  Speckfuß stehend mit der Nagelschere. Gestern kam er da noch nicht dran. Hechsprung nach draussen. Ein Bein nicht fertig rasiert, merke ich erst beim eincremen. ach, who cares. Mhm. Ich. Noch mal in die Dusche. Baby kriegt hysterischen Schreikrampf, weil er alleine 1cm von mir weg sitzen muss. Wieder raus.  Fast ausgeruscht. Baby hat Flasche Babyöl ausgeleert. (An dieser Stelle: Babyöl braucht kein Mensch. Kein Mensch und auch kein Baby. Haben ca. 1 Gallone davon geschenkt bekommen – habe ich da was verapasst, woooooozu braucht man das?!) Aaah, daher vorhin so friedlich. Etwas glitschig die Fliessen. Ich leg erstmal ein Handtuch drüber. Creme  mich mit Speckbärchen aufm Arm ein. Er erwischt die Creme und sie fällt runter. Nächstes Handtuch ist fällig. 10 Sekunden Makeup. Soviel Zeit muss sein. Ich will nicht so müde aussehen wie ich bin. 
Oh, Großer Junge muss schon ewig wach sein, kam nickinackinackedei hier rein. Muss Pipi. „Du wartest hier, Mama“. Schaue von vor dem Bad zu wie er Hocker und Sitz richtet. Macht dann doch aufs Töpfchen. Ich will helfen. Hysterischer Anfall, weil ich ihn nur das halbe Pipi hab verschütten lassen beim Versuch, das Töpfchen ins Klo zu leeren.  (inzwischen geht er absolut unfallfrei auf  das große Klo ohne Sitz. Ich bin ungsäglich stolz). Die Wut wird am Kleinen Bruder ausgelassen, als ich die Sauerei wegputzen will. Schnell Handtuch draufgeschmissen. Schlimmste Klopperei verhindert, der große Junge darf mir helfen Kaffee machen. Achnee. Vorher anziehen. Er will sein „kules großa Jungs Tischött“. ?!$§“%&? Zeige mehrere. Keines ist das richtige. Hysterischer Anfall. 
Ich gehe mich anziehen. 
Zwei hysterische Kinder.  Baby muss 1cm von mir weg sitzen. Extrem arm. Zur Strafe zieht er alle Klamotten aus dem unteren Regal nach draussen und spuckt einmal drüber. Heute also kein Tischött für mich, nur noch Pullis sauber. Großer Junge zieht altes Tischött vom Kleinen an. „Das ist doch nicht für große Jungs, das ist für kleine!“ „ich will aber des!“.  Na DANN. Überzeuge ihn von einem suuuuper coolen Hoodie, den immer die Basketballspieler anhaben. Uuh. Das macht Eindruck. Kampf gewonnen. 
Wo ist meine Hose? Die wollte ich eben anziehen. Argh, schon wieder Streitschlichten, Trinkflaschen richten für die Kinder,  Spielzeugauto reparieren... 
Kaffee! Endlich! Fast zumindest. Großer Junge zieht Hocker bereit, um auf die Arbeitsplatte zu klettern und Kaffee zu machen. Kapsel auspacken etc. 
Ich geh mich fertig anziehen. Komme rein, B E I D E Jungs sitzen oben auf der Arbeitsplatte. Herzstillstand. Gestern konnte der Kleine das noch nicht! Hysterisches Geschrei, weil das Baby leider nicht die Kaffeekapsel essen darf. Kaum auf dem Boden klettert er wieder den Hocker hoch. Maney. Rollende Speckmade ade... schön war die Zeit. 
Kaffee ist nur halb verschüttet und großer Junge sehr stolz auf sich. Wie herzig. Toast darf er auch noch machen. Für die einen sind es wenige Handgriffe in einer Minute – für die anderen ganz große Taten in 15 Minuten. Aber es sei ihm gegönnt. Frühstück. Marmelade. Mantschen. Kaffee. Alle sind glücklich. Hole mehr Toast aus der Küche. Kleiner Junge sitzt auf dem Tisch. GAH! Wann lernen die das immer?! Trete in eine Pfütze. Apfelsaft. Vom Tisch über Stühle in Teppich. Kleiner Junge patscht darin. Erstmal ein Handtuch drüber. Speckfüßchen muss leider umgezogen werden. Stösst ganz und gar nicht auf Verständnis. Hysterisches Schreien kommt auch aus dem Wohnzimmer, „du hast mich ganz alleine hier vergessen!!!!!!!“ – „Ich war nur nebenan den Kleinen umziehen. Du hättest mich ruhig  rufen können.“ – „Ich brauch Salz!  Mamaaaaa, ich hab ganz selbst allaaaiine Salz auf mein Meladebrot gemacht!“ – „Wie toll, mein Schatz,  wenn  es dir  schmeckt,  jetzt reicht es aber mit  dem Salz.“ – „Naaaaaaaaaaiiihhhhhhn, ich will aber...“ – Salzschüsselchen fällt runter. Ich muss mich zwischen Ignorieren oder Ausrasten entscheiden. Entscheide mich für innerlich ausrasten und äußerlich ignorieren. Saugen muss ich später eh. Junge  #2 findet das sehr spannend. Wie Sand!  In der Wohnung, TOLL! Wühlt drin, isst Hand voll Salz. Mist. Die kleinen Nieren!!!! Ob die  für immer Schaden davon tragen? Ich sauge lieber schnell. „Naaaaaaiiiihhhn, ich mach das!“ Junge #1 will saugen. Ich warte geduldig, bis er  2 Quadratcentimeter gesaugt  hat und dann bin ich dran. So. Ach, mein Kaffee. Nebenher richte ich die Brotdose  - diese Tätigkeit  bestitzt durchaus meditativen Charakter.  Äpfelchen schälen, schnitzen, Gurke  austechen, Brot, Cracker etc.  zurechtschneiden... (das fällt ja jetzt weg,  weniger Zeit für unbeaufsichtigten Quatsch - habe es durch einen schnellen, heimlichen Kaffee vor dem gemeinsamen Kaffeemachen ersetzt. Ich sag nur: #kaffeesuchti #ungeduldig)

Ohgott, es  war viel zu lange ruhig. Mir schwant Übles. Hechte ins Wohnzimmer. Junge #1 schaut Buch an. Gutes Kind.  Junge #2 steht auf des Bruders Tripptrapp ganz oben und hantiert mit dem Messer, was auf  dem Tisch lag. Herrgottnochmal. Ich brauche eine Leine oder so was. „Mama, ich hab das Buch ganz allaiiine kaputt gemacht.“ Zu früh gefreut. Immerhin gibt er es zu. Klappen an Büchern sind auch nur zum Abreissen gemacht. Egal. Versuche Junge #2 anzuziehen und Junge #1 entsprechende Anweisung zu geben, sich selbst anzuziehen. „Will keine Jacke. Heute ist Sommer.“  „Leider  ist inzwischen Herbst, du musst eine Jacke anziehen.“ „Will aber nicht.“ – Tja, das Argument ist unschlagbar. „Musst aber leider“. Hysterisches Schreien. Kann ihn ablenken, er darf der Türaufmacher sein. Jaha, that’s a thing. Sehr wichtige Aufgabe. So. Ich habe es geschafft. Der erste Meilenstein des Tages. Junge #1 geht in den Kindergarten (Das ist nun leider auch vorbei... darüber berichte ich  noch ausführlicher).
Junge  #2 schläft im Auto ein,  ich schaffe in der Zeit den Einkauf im ersten Laden. Japp, Rabenmutter hier, ich lasse ihn draussen im Auto schlafen während ich einkaufe. Nur im Schatten, niemals im Sommer. Alles gut. Wir leben auf dem Land, alles safe hier. In den zweiten darf er mit. Unter Protest und aalartigem Rumgebiege bekomme ich ihn in den Kindersitz des Wagens. Einkaufswagen wird gründlich abgelutscht, ich unterdrücke mein Gedankenkarrussel, wer da mit seinen Fingern hingefasst hat. Härtet alles ab. Schmeisse schnellsmöglich alles in den Wagen, Baby will lieber getragen werden. Oder eine Melone auf den Boden werden. Uuups, Mist, ey. Kann ja mal passieren. Inzwischen ist ja Junge #1 auch mit von der Partie. Der schiebt entweder den Einkaufswagen mit dem Bruder drin hinters nächste Regal und versteckt sich dann oder holt sich aus dem Bäckerselbstbedienungsregal im Minimum 10 Brötchen. Kann man ja einfrieren. Gar nicht so dumme Idee, gut mitgedacht, Kind! 
An der Kasse. Gleich geschafft. Ich lege Sachen aufs Band, Baby fährt an mir vorbei. WaszurHölle?! Karriere als Freeclimber erwarte ich inzwischen schon. Großes Kind will bitte alle Süßigkeiten mitnehmen. Je nach Tagesform lasse ich ihn was mitnehmen oder nicht. Meistens hab ich nichts gegen ein Stück Schoki für die Nerven. Hindere ihn dann noch daran, mit Anlauf in ein oder  mehrere Autos zu rennen und wuchte alle Einkäufe und Jungs ins Auto. 
Dann schleppe ich die 150kg schwere Ikea-Tasche und das kreischende Aalbaby die Treppe hoch. Fitnessstudio say whaaaat. 
Jetzt müssen Einkäufe und tonnenweise Kleidung verstaut werden, dann gibts Mittagessen. Das läuft  mal so und mal so. Aber eines sei gesagt: ich sitze NICHT eine halbe Stunde ganz entspannt da und geniesse mein Essen.  Selbst wenn alles gut ist, sind die Kinder dann müde und Junge #2 spielt Magnetbaby. Ich muss jede Sekunde aufmerksam sein, denn in solchen Momenten geht meistens etwas schief.
...
Ich könnte genauso weiter schreiben wie oben, aber ich lasse das jetzt. Ich hoffe, es gibt einen kleinen, konkreteren Einblick für alle, die es sich einfach nicht vorstellen können, was es bedeutet, zwei kleine Kinder zu haben. ;) Es mag sich manchmal lustig anhören - ist es auch. Manchmal. Es mag sich teilweise anstrengend anhören - ist es auch. Aber es gibt nichts, N I C H T S, was ich lieber machen würde.




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